Ein Meisterwerk – Ich habe geträumt, geweint, gelacht und geliebt
Ich kann es vorweg nehmen. Dieses Buch zählt zu meinen
Lieblingsbüchern. Es ist die Geschichte der kleinen Liesel – der Bücherdiebin.
Doch Zusak erzählt die Geschichte aus der Perspektive des Todes. Keines
sensenschwingenden Unheilbringers, sondern eines Todes, der das Deutschland im
dritten Reich interessiert und betroffen erlebt. Und wie kann man von ihm
verlangen, zu verstehen, zu begreifen, was dort geschieht, wenn das doch nicht
einmal den Menschen selbst gelingt. Nicht damals und bis heute nicht.
Es ist das Jahr 1943 und der Tod ist erschöpft und müde und
zum Teil auch frustriert. Aber er trifft Liesel Meminger, sieht sie, versteht
sie und berichtet rückblickend über ihr Leben.
Der Australier Zusak schreibt eine Geschichte über das
Deutschland zur Nazizeit. Und er tut dies auf eine Weise, die ich
unvergleichlich finde. In einer kraftvollen Sprache beschreibt er
Unvorstellbares. Liebevoll und einfühlsam zeichnet er seine Charaktere und
vermittelt damit einen Reichtum an Gefühlen und Hintergrundwissen, wie es kein
Geschichtsunterricht und keiner der großen Hollywoodfilme vermag. Zusak macht
das Unmöglich möglich, indem er den Leser mitnimmt in eine bayerische
Kleinstadt und ihn teilhaben lässt am alltäglichen Leben. Es ist Liesels
Pflegevater, der einen Juden über Monate in seinem Keller versteckt. Er ist
kein Schindler, der unzähligen Menschen zur Flucht verhilft. Er ist ein
einfacher Malermeister, der einen einzelnen Menschen rettet.
Es geht in diesem Buch um die große Frage, die wir uns immer
wieder stellen. Wie konnte das alles passieren? Was haben die Menschen in
Deutschland getan? Haben sie tatsächlich von allem nichts gewusst? Wollten sie
es nicht wissen?
Zusak wendet sich Einzelschicksalen zu. Der deutschen
Familie am Abendbrottisch. Den Eltern, den Kindern – den Menschen, bei denen
das Brot nicht reichte. Dem Malermeister, der seine Arbeit verlor. Seiner Frau,
deren Dienste in den Haushalten anderer Leute nicht mehr gebraucht wurden, als
das Geld knapp wurde. Liesel, die lesen wollte und Bücher stahl.
Sie alle haben versucht zu überleben und dabei das Richtige
zu tun.
Zusak entwirft für uns Bilder dieser Menschen, die
ungewöhnlich sind. Er tut dies in einer brillanten Sprache. Unaufgeregt, aber
mit Sätzen, die einfach nur zum Weinen schön sind. Niemals bietet er
floskelhafte Ermahnungen. Niemals hebt er den Zeigefinder. Immer trifft er die
Stimmung der Szene.
Kurzum: Markus Zusaks Bücherdiebin hat mich verzaubert.
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